Digitalität von vielen Seiten durchdacht

Der Titel lässt es vermuten. Ulrich Hemel hat sich mit der Anlehnung an Immanuel Kant viel vorgenommen und löst es mit diesem Buch mustergültig ein. Seine Leitfrage, warum Humanität der Maßstab sein muss ist auch gleichzeitig das Resümée der Lektüre. Ja, Humanität muss der Maßstab, auch in der digitalen Welt, sein.

Praxisnahe Beispiele

Der Autor verfügt über ein breites Hintergrundwissen und praktische Erfahrung, das merkt man dem Buch auf beinahe jeder Seite an. Seine sehr praxisnahen Beispiele runden die theoriefundierte Darstellung hervorragend ab. Im ersten Kapitel schreitet er die Grundfragen der Digitalität aus philosophischer Perspektive ab. Für mich spannend die These: „Die digitale Welt ist sehr wohl real, aber eben ´anders real´ als die vertraute physische Alltagswelt“ (S. 43). Damit wird die Dichotomie zwischen realer und digitaler Welt deutlich überschritten. Eine Grunderkenntnis, die in der Generation Y schon längst Usus ist.

 

Digitales Nichtwissen

Im zweiten Kapitel steht digitales Nichtwissen im Vordergrund. Erst wenn ich eine Ahnung darüber entwickle, was ich nicht weiß – der Begriff „digitale Ignoranzkompetenz“ (S. 68) taucht in diesem Zusammenhang auf -, kann ich von persönlicher digitaler Souveränität sprechen. Das Lernen und Entscheiden bei Menschen und Maschinen wird im dritten Kapitel skizziert, um im vierten Kapitel auf das spannende Thema der digitalen Identität zu kommen. Alleine die Unterscheidung in Persona 1 (physische Person), Persona 2 (digital erweiterte Person) und Persona 3 (Daten und digitale Spuren der Handlungen der Persona 2) verdeutlicht, dass es um Selbstkontrolle und Kontrollverlust geht. Wir befinden uns in einem gigantischen Lernprozess zur hybriden Identität. Die Optionen zur Teilhabe an diesem digitalen Lernprozess bzw. seiner Exklusion werden die entscheidenden Erfolgsfaktoren sein, damit dieser Lernprozess gelingen kann.

 

Auswirkungen und Anforderungen

Im Kapitel 5 beschreibt Hemel die Auswirkungen von digitaler Arbeit, um im Kapitel 6 Anforderungen an die digitale Politik zu formulieren. Deren Referenzpunkt hat die digitale Ethik (Kapitel 7) zu sein. Als Leitstern dieser Entwicklung dient dem Autor der Begriff der Humanität. Auch die digitale Welt hat die menschlichen Werte zu fördern. Nicht mehr, aber auch nicht weniger! Dies gelingt nach Hemel am besten, wenn Vertrauen in Fairness und Transparenz aufgebaut werden kann.

 

Digitale Religion und digitale Humanität

Knapp 30 Seiten widmet der Autor im abschließenden Kapitel 8 dem Spannungsbogen „Digitale Religion und digitale Humanität“. Digitale Religion wird mit dem „Google Unser“ (S. 351) in Anlehnung an das Vaterunser parodiert. Die kognitivistische Engführung von Religion funktioniert nicht. Den Bezugspunkt Digitaler Humanität sieht Hemel in der Singularität, d.h. „in der Einzigartigkeit und Würde der menschlichen Person, gerade auch mit ihren Schwächen“ (S. 367). Sein Fazit: „Das Leben ist mehr als ein Algorithmus und mehr als eine Rechenaufgabe“ (S. 368). Insofern bildet Humanität den entscheidenden Bezugspunkt der Reflexion!

 

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