„Ich weiß nicht, ob ich meinem Chef schreiben soll“

Es war wieder einmal auf der Fahrt morgens zum Erfahrungsaustausch mit Führungskräften sogenanntes Leadership Lab. Beim letzten Mal auf dem Weg dorthin hatte ich ein Gespräch zum Thema Hinzuverdienst in der Altersteilzeit aufgeschnappt Blog Altersteilzeit ó 450€-Job, dieses Mal ging es um persönliche Überlastung: Eine Verwaltungsmitarbeiterin unterhielt sich mit ihrer Kollegin über ihre Arbeitssituation. Sie fühlte sich quantitativ überlastet. Offensichtlich war die Arbeitsmenge zu hoch, obwohl sie auf die Arbeitsinhalte Lust hatte und motiviert war. Kurzfristig bewältigte sie das Arbeitspensum, indem sie den Samstag zuhause nutzte. Doch reagierten ihre Freunde*innen auf ihren Rückzug von der gemeinsamen Freizeit negativ. Im Austausch mit ihrer Kollegin reflektierte sie ihre aktuelle Situation.

Als Führungskraft sollte ich einen aktuellen Eindruck von der Belastungssituation der Mitarbeiter*innen haben

Erschüttert hat mich an dem Gespräch der beiden, dass die unter Überlastung leidende Kollegin zu ihrer Arbeitskollegin sagte: „Ich weiß nicht, ob ich meinem Chef schreiben soll.“ Sie war sich unsicher, ob es angemessen wäre, den eigenen Vorgesetzten über eine akute Überlastungssituation zu informieren? Wow, da wird anscheinend wenig miteinander gesprochen. Was herrscht dort wohl für ein Betriebsklima? Oder ist der Chef so wenig an der Arbeitssituation seiner Mitarbeiter*innen interessiert? Nutzt er diese Situation vielleicht bewusst aus, um das Arbeitsvolumen zu steigern? Oder ist die Mitarbeiterin ungeübt darin, ihrem Vorgesetzten wichtige Informationen über ihre Arbeitssituation zu geben?…

Feedback für die Führungskraft sollte selbstverständlich sein

Analysiert man die Informationsstruktur, dann wird deutlich: Wenn der Chef nicht informiert ist, dann kann die Verantwortung für die Arbeitsüberlastung nicht dahin gelangen, wohin sie gehört; zur Führungskraft! Wenn eine Führungskraft über die Überlastung nicht Bescheid weiß, dann kann er/sie auch nicht aktiv werden… Spannend ist die Frage, an welcher Stelle genau die Bremse oder Hemmschwelle ist, die diese gegenseitige Information verhindert. Im anschließenden Leadership Lab hat diese Situation zahlreiche Anregungen geliefert:

  • Was ist mein Beitrag als Führungskraft, um Informationen und Feedback zu erhalten? Wie kann ich dies für Mitarbeiter*innen leichtgängig gestalten?
  • Wo helfen bestehende Prozesse wie z.B. routinemäßige Mitarbeiter*innen-Gespräche, die dann aber nicht nur im 12-Monats-Turnus stattfinden dürfen?
  • Wie werde ich für Mitarbeiter*innen auch außerhalb von expliziten Gesprächsterminen ansprechbar? Z.B. am Kaffeeautomat, bei meiner Runde durch´s Büro…
  • Wie können Mitarbeiter*innen ermutigt werden, mich aktiv anzusprechen? Wie kann ich das durch mein Verhalten auf Kritik durch Mitarbeiter*innen erleichtern?

Unser Ergebnis im Leadership Lab: Patentrezepte gibt es keine. Es bleibt aber eine Kernaufgabe der einzelnen Führungskraft. Ohne Information durch Mitarbeiter*innen kann ich meine Leitungsfunktion nicht adäquat ausfüllen. Den für mich und meine Mitarbeiter*innen passenden Weg zu finden, bleibt wohl eine fortlaufende Führungsaufgabe!

Vielleicht noch eine kleine Anregung zum Thema Feedback/Feed-Forward als eine Möglichkeit, Austausch von Informationen und Kritikgespräche zu erleichtern. Der Videomitschnitt aus einem Gespräch mit Prof. Moskaliuk ist zwar schon etwas älter, aber vielleicht immer noch anregend (Leadership 4.0 auf youtube).

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