„Ja!“ zum Stärken der eigenen Stärken – aber alle?

„Ja!“ zum Stärken der eigenen Stärken – aber alle? In der Fastenzeit habe ich mich dieses Jahr mit meinen unrealisierten Stärken auseinandergesetzt. Es war eindrucksvoll zu erfahren, welches Potenzial unrealisierte Stärken für meinen Alltag in sich tragen.

Wirklich alle meine Stärken optimieren?

Ich bin neugierig – diese Stärke an mir kenne ich gut. Klar hat es mich gereizt, nun mit allen bisher unrealisierten Stärken meine Erfahrungen zu machen. Also möglichst alle unrealisierten Stärken wachsen zu lassen und zum Aufblühen zu bringen.

Die Verführung ist groß; denn was könnte mir nicht alles entgehen, wenn ich eine unrealisierte Stärke nicht entwickle? 
Irgendwie erinnerte es mich an mein Sportstudium: Eine Vielzahl von Sportarten stand zur Auswahl und ich habe gern in möglichst vielen Sportarten meine Erfahrungen gesammelt. Nur braucht man auch ein gewisses Fertigkeitsniveau, damit man die eine Sportart im angemessenen Verhältnis zwischen Aufwand und Ergebnis bzw. sportlichem Erlebnis betreiben kann. Da musste ich feststellen, dass eine gewisse Spezialisierung eher nützt, als möglichst viele Sportarten zu betreiben. Die Kunst im Sportstudium bestand darin, aktiv auf manche Sportarten zu verzichten, die zwar im Erproben viel Spaß gemacht hatten, doch in der persönlichen Entwicklungsperspektive limitiert waren. So ging es mir mit Mitte 20, als ich das Tanzen in seinen vielfältigsten Stilarten für mich entdeckt habe. Ich musste einsehen, dass mein Weiterentwicklungspotenzial bezüglich Ballett aufgrund meines Alters einfach begrenzt war – obwohl es mir sehr gut gefallen hätte. Gut, dass es noch Modern Dance oder Tanz und Improvisation gab.

Mut zum Fragement

Was ist genau mein Weg des Wachstums? In welchen Ecken meines persönlichen Gartens möchte ich mehr Licht, mehr Wasser, weniger Wildwuchs haben? Mich inspirieren die Fragen rund um „Aufblühen“ und „Stärken stärken“. Doch in welchen Facetten meiner Person ist für mich das Aufblühen das Richtige? Welche meiner (unrealisierten) Stärken passen zu meiner Situation heute? In was möchte ich hineinwachsen und in welchem Ausmaß möchte ich diese Stärken stärken?

Denkt man über „Stärken stärken“ nach, ist man versucht, alle bisher unrealisierten Stärken gleichmäßig zu betrachten: Wie toll wäre es, wenn auch die unrealisierten Stärken voll entfaltet wären? Oder gibt es auch die Option, mit bisher nicht entfalteten Stärken sein Glück zu finden?

Bei den Eichstätter Gesprächen des BKU 2019 hat es Schwester Rosa Maria Dick (Generaloberin der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul, Mutterhaus München) wie folgt ausgedrückt: Bei aller Planung nach Perfektion bräuchte es auch den Mut zum Fragment, d.h. zu akzeptieren, dass wir nicht immer Perfektion erreichen (können) oder es aufgrund des abnehmenden Grenznutzens auch nicht sollten. Sie empfahl deshalb im Umgang mit diesem Phänomen zwei Strategien: Zum einen schnelles Erfahrungslernen, d.h. aus Fehlern oder nicht wirklich gut Erreichtem zu lernen, zum anderen die Akzeptanz des Imperfekten.

„Go your own way“

Das Lied von Fleetwood Mac passt für mich sehr gut zu diesen Überlegungen. Es ist nach einer Trennung entstanden. Wahrscheinlich gilt es für mich, mich vom Gedanken der möglichst intensiven Stärkenentwicklung zu trennen. Ich lege meinen Fokus dann lieber auf die Stärken, die mit meiner Vision eines gelungenen Lebens direkt korrelieren. Auch wenn es eine schöne Vorstellung bleibt, über eine große Anzahl entwickelter Stärken zu verfügen, ist das vielleicht eine Aufgabe für die nächste Fastenzeit.

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