Problem gelöst – Problem erzeugt – der Blick aufs Ganze?

Wahrscheinlich ist die Situation vielen vertraut: es steht eine Präsentation beim Kunden an. Der Ansprechpartner beim Kunden hat zur Sicherheit am Vorabend die Präsentationstechnik überprüft. Auf einen Blick hat er erfreut festgestellt, dass alles läuft. Dem Workshop und einer angeregten Diskussion steht somit nichts mehr im Wege.

Wie vereinbart treffe ich eine halbe Stunde vor Workshopbeginn ein. Der Ansprechpartner lädt die Präsentation auf seinem Laptop hoch und… kein Bild zu sehen. Runterfahren – hochfahren – Eingangskanäle beim Beamer wechseln, alle Bemühungen bleiben ohne Erfolg. Dann doch wieder zurück auf die sichere Methode: die Präsentation neun Mal ausdrucken und als Tischvorlage für die Teilnehmer zur Verfügung stellen.

Als die Workshopteilnehmer um 9 Uhr eintreffen, ist von dem Missgeschick im Vorfeld nichts mehr wahrzunehmen. Ich überlege mir, ob ich bei diesem Kunden das nächste Mal zur Sicherheit nicht 45 Minuten vorher im Workshopraum eintreffe. So habe ich einen größeren Puffer für Ungeplantes zur Verfügung.

Individuelle Optimierung ohne systemischen Blick kann kontraproduktiv sein

Mein Ansprechpartner hatte natürlich nach dem Workshop bei der IT-Abteilung nachgehakt, woran denn der Projektionsausfall gelegen habe. Nach umfangreicher Recherche wurde festgestellt, dass an einem Switch (einer Weiche im Netzwerk des Kunden) ein Port (ein Tor/Durchlass) zu einer Problembehandlung benötigt wurde. Offensichtlich hat ein Mitarbeiter den Port für den Tagungsraum freigeräumt und den freien Port für die Lösung seines Problems genutzt. An die Wirkung der Leitungsunterbrechung für andere hat dieser Mitarbeiter (fahrlässigerweise) nicht gedacht.

Unter hoher Arbeitslast droht sich der Blick aufs Ganze einzuschränken

Im Telefonat zur Nachbereitung des Workshops mit meinem Ansprechpartner hat sich eine spannende Parallelität zur aktuellen Situation in der Arbeitskultur dieses Kunden ergeben. Offensichtlich ist die Arbeitsbelastung in diesem Betrieb im Moment so hoch, dass kaum noch Luft übrig bleibt, über die Seitenwirkungen des eigenen Handelns in Ruhe nachzudenken. Die Mitarbeiter sind so stark auf ihre individuellen Ziele und Aufgabenerfüllung verpflichtet, dass der Puffer, der notwendig wäre, um über eine Optimierung des Handelns aus Blick des gesamten Betriebes nachzudenken, nicht mehr vorhanden ist. Der Effekt: individuelle Optimierungen mit z.T. gefährlichen Wirkungen auf den Output als Ganzes.

Zum Blick auf das Ganze einladen

Wie kann ich nun zum Blick auf das Ganze einladen? Sicherlich nicht mit einer weiteren Dienstanweisung. Wenn ich den Blick auf das Gesamte stärken will, dann kann ich nur dazu einladen. Lust bekomme ich, wenn es Spaß macht auf das Ganze zu schauen und ich den positiven Effekt wahrnehmen kann. D.h. ich brauche auch Raum zum Experimentieren und Erproben. Hier kann ich als Führungskraft eine wichtige Rolle einnehmen, indem ich diesen Raum zur Verfügung stelle und gegen die Vereinnahmung durch segmentielle Optimierungen schütze!

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