Probleme lösen oder sich vom Problem lösen?

Ein Fachbereich unterhält eine Hotline. Diese soll für das Unternehmen von 8 – 17 Uhr erreichbar sein. Die Standardbesetzung bilden eine Person in Präsenz, eine weitere Person online und eine dritte Person im Hintergrund; die dritte Person kann bei Bedarf auf besonders kniffelige Fragestellungen reagieren. Ein Mitarbeiter meldet in der Teambesprechung zurück, dass es immer ´mal wieder zu Engpässen in der Erreichbarkeit kommt, da die Vereinbarungen nicht konsequent umgesetzt werden. 

Intensives Brainstorming über Problemlösestrategien

Sofort steigen alle in einen intensiven Austausch über die Situation ein. Ein Kollege berichtet, dass er in den letzten Wochen nicht immer daran gedacht hatte, im Verhinderungsfall nach einem Ersatz zu suchen. Eine Kollegin schlägt vor, dass man auch die Auszubildenden in die Hotline integrieren könnte, da diese in der Zwischenzeit ausreichend eingearbeitet seien. Ein dritter Kollege hat die Idee, anstelle der prinzipiellen Einteilung, die Präsenzen freitags für die Folgewoche in einem kurzen Meeting zu klären. Eine Stimme fordert einfach eine Verpflichtung auf das gegebenen Commitment, eine andere schlägt eine freundliche Erinnerungsmail an alle vor; und und und…

So konnte ich, als Coach für das Team, sehr gut beobachten, wie motiviert und kreativ in das Brainstorming zur Problemlösung eingestiegen wurde. Da war wirklich Power vorhanden – auch wenn die Ideen manchmal bunt durcheinander gingen.

Wie weit muss ein Sachverhalt gelöst werden?

Das Phänomen, das in dieser Teambesprechung deutlich zu beobachten war: Dem exakten Problemverständnis wurde wenig Aufmerksamkeit geschenkt, gleichzeitig lag viel Engagement bei der Problemlösung. Hier besteht die Gefahr, dass eine elaborierte Problemlösung entwickelt wird; und diese Lösung dann nicht wirklich gut zur Ausgangssituation passt.

Deshalb habe ich angeregt, sich noch einmal die Problembeschreibung anzuschauen, also dass es immer mal wieder zu Engpässen in der Erreichbarkeit kommt, da die Vereinbarungen nicht konsequent umgesetzt werden. Um zunächst das Bedürfnis des Mitarbeiters zu verstehen, das er mit seiner Problembeschreibung verbindet. Und danach, in einem weiteren Schritt zu überlegen, welchen Aufwand wir für die Problemlösung betreiben sollten.

Sich vom Problem lösen

Das Ergebnis war in der Folge rasch erreicht. Der Mitarbeiter wollte an das Commitment bezüglich der Hotline-Regelung erinnern. Daraufhin traf das Team folgende Vereinbarung: Wir kommunizieren das noch einmal an alle und lassen uns vier Wochen Zeit, die Wirkung zu beobachten. Falls dann noch weiterer Optimierungsbedarf besteht, können wir ja nach vier Wochen weiter überlegen. Und zusätzlich sprechen wir mit den Auszubildenden, inwieweit sie sich einen Hotline-Einsatz zutrauen. Das könnte auch eine schöne Option für ein Job-Enrichment darstellen. So genügte es zunächst „sich vom Problem zu lösen“ – ohne gleich eine perfekte Problemlösung in Petto zu haben.

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