Projekte führen – jenseits des Maschinen Modells von Organisationen

Ein Anliegen von Stefan Kühl wird bereits in der Überschrift zum Vorwort deutlich. Es geht ihm um die Dinge im Betrieb, die möglich sind, wenn ich nicht nur an einem Organisationsmodell festhalte, das Organisationen und Betriebe analog zu Maschinen zu erklären und beschreiben sucht. Deshalb sein Credo: Projekte zu führen ist auch jenseits des Maschinenmodells von Organisationen möglich.

Klassisches Projektmanagement als die formale Seite von Organisationen

Der Autor beschreibt sein Projektmanagementverständnis ausgehend von dem Projektziel als ein Zweckprogramm. In diesem sind Entscheidungen bezüglich Pogrammen, Kommunikationswegen und Personal zu treffen. Die Schauseite der Organisation (was nach außen gezeigt wird) und die informale Seite (wie es im Alltag gelebt wird) sind dabei, neben der formalen Seite eines Projektes, wichtige Dimensionen. Diese gilt es im Projektmanagement zu berücksichtigen.

Im zweiten Kapitel schildert er gut nachvollziehbar, den Charm des zweckrationalen Zugangs zum Projektmanagement. Es suggeriert die Sicherheit, dass das Projektziel klar sei (Sachdimension) und es noch in der dafür vorgesehenen Zeit auch erreicht würde (Zeitdimension). Zusätzlich sorgt es z.B. durch die Stakeholderanalyse für die Einbindung zahlreicher Personengruppen (Sozialdemension). Kühls Erkenntnis: „Man darf die Bedeutung dieser Suggestionen in Organisationen nicht unterschätzen. (…) Welche Politiker würden ein Bauvorhaben genehmigen, von dem sie nicht zu wissen meinen, wie es aussieht und was es kostet?“ (S. 30).

Grenzen des klassischen Projektmanagements

Die Vorteile des klassischen Projektmanagements erreicht man nicht, wenn z.B. das Problem, das die Projekte lösen soll, nicht gut zu definieren ist. Oder wenn die Aufgaben sehr stark durch den Faktor Mensch beeinflusst werden. Es „stößt an Grenzen, wenn – wie im Fall von Organisationsentwicklungsprojekten oder auch Forschungsprojekten – weder die Ziele noch die Methoden einigermaßen klar definiert sind“ (S. 30).

Als Berater für Organisationsentwicklung bin ich natürlich gespannt, wie Kühls Vorschlag für ein Projektmanagement jenseits einer zweckrationalen Verengung aussehen wird.

Kontigente Führung von Prozessen und Erproben im Projektmanagement

Mich erinnern die Vorschläge von Kühl an Überlegungen im Kontext von Scrum und Agilität. Wenn es nicht mehr möglich ist, zum Projektstart das Ziel, die Methoden, notwendigen Ressourcen und eine Zeitplanung konkret zu entscheiden, dann ist es durchaus praktikabel, eher nach der Art eines Bastlers (bricoleurs) vorzugehen und den Weg anhand vorhandener Lösungssplitter zu gehen. Damit heißt es auch, sich von exakten Projektphasenplänen zu verabschieden, sondern eher mit raschem Erproben und schnellen Lernschleifen zu arbeiten.

Der Autor schließt sein kleines Werk mit einer Hoffnung: „Die Hoffnung besteht, dass die permanente Klage über die Diskrepanz zwischen Projektmodellen und Projektrealisation letztlich auch bei der Ausbildung von Projektmanagern zu einem Ansatz führt, der der Realität von Projekten zur Lösung schlecht definierter Probleme nahekommt und dass dadurch auch die professionellen Standards für Projektmanagement verändert werden“. Der Hoffnung schließe ich mich gerne an.

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