Psychologische Sicherheit: Drei Aspekte erfolgreicher Teamarbeit

Bei der Zukunft Personal NORD in Hamburg war es als Thema unübersehbar: Psychologische Sicherheit. Das Konzept dazu wurde von der Professorin Amy Edmondson (Harvard Business School) entwickelt. Es beschreibt die Fähigkeit eines Teams, offen und ehrlich miteinander zu kommunizieren – ohne Angst vor negativen Konsequenzen haben zu müssen.

In unserer modernen Arbeitswelt wird immer mehr Wert auf Zusammenarbeit und Teamwork gelegt. Wichtige Voraussetzung dafür ist, dass die Mitglieder eines Teams miteinander gut kommunizieren und in hoher Qualität zusammenarbeiten können. Erst dann wird Teamarbeit richtig effektiv. Und dafür ist eine Arbeitsumgebung im Team und für das Team, die von psychologischer Sicherheit geprägt ist, eine unabdingbare Voraussetzung. 

Was ist psychologische Sicherheit?

Was ist mit psychologischer Sicherheit gemeint? Es ist die Gewissheit, dass man in einer Gruppe sicher sein kann, sich sicher fühlt. Das heißt, dass ich, ich selbst sein kann und meine Meinungen und Bedenken ohne Angst vor Vergeltung oder Ablehnung äußern kann. Warum ist das so wichtig? Lt. Edmondson sind Mitglieder eines Teams viel eher bereit, sich zu engagieren, innovativ zu sein oder kreative Lösungen zu finden, wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Stimme gehört wird und ihre Meinungen und Ideen geschätzt werden.

Dreiklang zwischen Vertrauen, Verletzlichkeit und Verantwortung

Das Phänomen der Psychologischen Sicherheit ist von einem Dreiklang geprägt zwischen

  • der Bereitschaft, den Teammitgliedern Vertrauen zu schenken,
  • dem Vertrauen, mich auch mit meiner Verletzlichkeit zeigen zu können und 
  • der Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen.
psychologische Sicherheit 2 - Psychologische Sicherheit: Drei Aspekte erfolgreicher Teamarbeit
Psychologische Sicherheit lässt sich mit dem Dreiklang Vertrauen, Verletzlichkeit und Verantwortung beschreiben.

Das Konzept der psychologischen Sicherheit entstand im Kontext der Forschungen zur Fehlervermeidung im Gesundheitswesen. Amy Edmondson fand heraus, dass die meisten Fehler im Gesundheitswesen auf Probleme in der Kommunikation zurückzuführen waren. So gab es Fälle, in denen Pflegekräfte oder Ärzte Fehler nicht meldeten. Infolgedessen wurden Fehler nicht behoben bzw. konnten nicht behoben werden. Die Begründung dafür ist die Angst der Einzelnen vor disziplinarischen Konsequenzen oder ihre Angst vor Reputationsverlusten. Klar, dass runter auch die Qualität der Patientenversorgung litt.

Psychologische Sicherheit erleichtert die Ansprache von Fehlern

Edmondsons grundlegende Erkenntnis war, dass psychologische Sicherheit die entscheidende Rolle dabei spielen kann, Fehler zu vermeiden. Denn Mitarbeiter, die sich sicher fühlen, sprechen Bedenken und Fehler eher an. Dadurch können Probleme rasch behoben werden und die Qualität der Patientenversorgung wird gesichert oder gar verbessert.

Es liegt auf der Hand, dass sich das Konzept der psychologischen Sicherheit vom Gesundheitsweisen leicht auf die Arbeitsbereiche übertragen lässt, in denen ebenfalls Teamarbeit über den Erfolg entscheidet. Damit bieten sich die Erkenntnisse der Psychologischen Sicherheit immer an, wenn Teams weniger Zeit damit verbringen sollten, Bedenken und Konflikte zu vermeiden oder zu verbergen; vielmehr sich stärker darauf konzentrieren sollten, was zur Fehlerbeseitigung in der Zukunft beiträgt: nämlich aktiv nach Lösungen zu suchen.

Was trägt zu psychologischer Sicherheit im Team bei?

Wie kann die psychologische Sicherheit in einem Team gesteigert werden? Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten:

Ausgangspunkt für die psychologische Sicherheit ist die operative Exzellenz. Ich sollte genau wissen, welche handwerklichen Arbeitsschritte ich von meinem zuarbeitenden Kollegen erwarten kann und welches ‚Produkt‘ meine nachfolgende Kollegin im Workflow genau benötigt. Ist dies geklärt und der Prozess in Bezug auf seine Ergebnisgrößen stabil, dann ist eine wichtige Grundvoraussetzung für das Arbeiten an der psychologischen Sicherheit geschaffen. Dabei ist Grundhaltung wichtig: „Erst die operativen Abläufe und die handwerkliche Ebene klären, dann das Thema Arbeitskultur stärken“. Führungskräfte sollten psychologische Sicherheit fördern, indem sie selbst offene Kommunikation praktizieren. Sie sollten z. B. zeigen, dass sie die unterschiedlichen Meinungen ihrer Mitarbeiter schätzen, auch wenn nicht immer alle Meinungen entscheidend sein können.

Es sollte eine Kultur innerhalb des Teams gefördert werden, in denen die Teammitglieder aufeinander zugehen und sich gegenseitig aktiv zuhören. D. h. idealerweise hat jedes Teammitglied die Gelegenheit, ohne Unterbrechung seine Meinung auszudrücken und dafür von den anderen Teammitgliedern wertgeschätzt zu werden.

–      Mitglieder des Teams sollten ermutigt werden, ihre Meinung auf eine respektvolle und konstruktive Art und Weise auszudrücken und sich gegenseitig konstruktiv Feedback und Feedforward zu geben. Fehler sollten als Chance zur Verbesserung angesehen werden. Der Alibaba-Gründer Jack Ma hat die Chancen, die Fehlern innewohnen, einmal mit dem Zitat betont: „Jeder Fehler ist ein wunderbares Einkommen“.

Kritik am Konzept der Psychologischen Sicherheit

Obwohl das Konzept der psychologischen Sicherheit von vielen – wie z.B. auch bei der Zukunft PERSONAL – als wichtig und positiv angesehen wird, gibt es auch kritische Stimmen und Bedenken:

  • Gefahr der Verharmlosung von Fehlern: Blieben Fehler ohne Konsequenzen, könnte der Eindruck entstehen, dass Schlechtleistung toleriert würde. 
  • Um dieser Gefahr gegenzusteuern, ist es entscheidend, das Lernpotenzial aus Fehlern in den Vordergrund zu stellen. Der Volksmund sagt ja auch „aus Fehlern wird man klug“.
  • Zu individualistisch: Das Konzept der psychologischen Sicherheit sei zu individualistisch und vernachlässige die Bedeutung von Teamdynamik und Interaktion.

Nach meiner Erkenntnis arbeitet das Konzept der psychologischen Sicherheit gerade beispielhaft die Bedeutung von Teamdynamik und Interaktion auf. Im Dreiklang von Vertrauen, Verletzlichkeit und Verantwortung macht es die systemische Perspektive zwischen Individuum, Team und Organisation deutlich.

Meine Erfahrungen, sowohl als Unternehmer als auch mit der Erfahrung als Unternehmensberater zeigen, dass die aktuelle Situation am Arbeitnehmermarkt geradezu nach solchen Konzepten ruft! So geht es in fast jedem Vorstellungsgespräch um die Frage, wie sich die/der Bewerber*in – im vollen Bewusstsein ihrer/seiner vorhandenen Kompetenzen und Grenzen – produktiv in das vorhandene Team einbringen kann. Auch hier bietet das Konzept der psychologischen Sicherheit Handlungschancen für Führungskräfte, in der Sprache von New Work „safe spaces“, und damit auch attraktive Arbeitsumfelder für die zukünftigen Mitarbeitenden zu schaffen.

Bild von javi_indy auf Freepik

Aktuelle Beiträge

Weitere Themen

Keine Tags zu diesem Beitrag.

Haben Sie Fragen? Kontaktieren Sie uns!

Scroll to Top