Unternehmenskultur – Anregungen von Benedikt von Nursia

Im Rahmen der Vorlesung „Wertorientierte Führung“ im Fernstudium der ISM-Hochschule, führte der Weg auch an den Regeln für das Leben im Benediktinerorden, der „Benediktsregel“ vorbei. Sie wurde vor fast 1500 Jahren (529 n. Chr.) vom Ordensgründer Benedikt von Nursia verfasst. Das Ziel der Benediktsregel: Das tägliche Leben und Gebet der Mönche zu ordnen und das Zusammenleben untereinander auf eine gute Art und Weise zu regeln. 

Man könnte meinen, dass diese Regeln nur etwas für Ordensmitglieder seien, doch lassen sich einige der Grundprinzipien sehr schön auf die aktuelle Situation in Unternehmen übertragen. Dabei sind mir drei Stichworte besonders ins Auge gefallen.

Gehorsam

Unter Gehorsam verstehen wir das Befolgen von Geboten oder Verboten. Mit Gehorsam verbindet sich auch immer die Unterordnung unter den Willen einer Autorität oder das Befolgen eines Befehls. Oder im Sinne der Negation das Unterlassen von Verbotenem.

In der Benediktsregel klingt, in Ergänzung zu unserem heutigen Verständnis von Gehorsam, stärker die Dimension von Loyalität an. Loyalität im Sinne von, sich einer Aufgabe gewissenhaft zu widmen. Mit dem Flow-Verständnis Mihály Csíkszentmihályi könnte man fast sagen, Mitarbeiter*innen und Führungskräfte sollte bemüht sein, ihre Arbeit im Flow-Zustand zu gestalten.

Die zweite Dimension, die mit dem Loyalitätsbegriff anklingt ist natürlich die Loyalität gegenüber dem Unternehmen. Im Verständnis von Benedikt gilt es die Loyalität zum Unternehmen auch so zu verstehen, dass es um die Loyalität gegenüber den Mitarbeiter*innen geht. D.h. Führungskräfte mit Personalverantwortung sollten auch für ihre Mitarbeiter*innen einstehen. Und ihr Bemühen und Ringen um das wünschenswerte Ergebnis anerkennen – im PERMA-Lead wird dieses Element mit dem „A“ für ‚Achievement/Accomplishment‘ bezeichnet. Das bedeutet natürlich nicht, dass das reine Bemühen ausreicht, aber das Bemühen an sich hat seinen eigenen Wert. Bei der Führungskraft bleibt die Verantwortung für die Passung der Person des/der Mitarbeiters/in mit seinen/ihren Stärken und Schwächen zur gestellten Aufgabe!

Demut

Eigentlich wissen wir es alle, wir sind nicht allwissend. Und für Führungskräfte ist es umso offensichtlicher. Sie können nicht über das vollständige Wissen ihrer Mitarbeiter*innen verfügen und brauchen es auch nicht. Denn sonst wären die Mitarbeiter*innen als Expert*innen für die operative Arbeit am falschen Platz!

Spannend wird es, wenn meine Schwächen als Führungskraft offensichtlich werden. Gelingt es mir dann über meinen Schatten zu springen und diese Schwächen auch gegenüber Mitarbeiter*innen einzugestehen? Wird es mir zur Selbstverständlichkeit, dass andere, v.a. meine Mitarbeiter*innen, hoffentlich die höhere Sachkunde besitzen?

Sehr schön finde ich es zu erleben, wenn es Führungskräften tatsächlich gelingt, den Unternehmenserfolg als gemeinsamen Erfolg aller Mitarbeiter*innen anzuerkennen. Die Wertschätzung von Seiten der Mitarbeiter*innen für ihre Führungskraft/-kräfte wird dann für alle spürbar. Wenn die Demut der Führungskraft wirklich ernst gemeint ist und gelebt wird, dann werden Führungskräfte erfahrungsgemäß von ihren Mitarbeiter*innen getragen! Immer in dem Bewusstsein, dass die Mitarbeiter*innen den Beitrag der Führungskräfte sehr wohl genau einschätzen und auch wertschätzen können.

Schweigen

Die Anforderungen an Führungskräfte beinhalten in der Regel exzellente Kommunikationsfähigkeiten. Ihre Hauptaufgabe besteht ja auch in der Kommunikation. Sei es der Unternehmensziele top-down, sei es der Ideen und Innovationen der Mitarbeiter*innen bottom-up oder auch der Vermittllung und Klärung innerhalb einzelner Arbeitsebenen. In Führungsentwicklungsprogrammen wird häufig Kommunikationsfähigkeit im Sinne der Ausdrucks- und Vortragsfähigkeit der Führungskräfte geschult. Das ist auch sicherlich wichtig. Doch fällt mir bei diesen Bemühungen auch immer der Ausspruch ein, dass der Mensch zwei Ohren aber nur einen Mund besitzt. Und es ist immer wieder eine interessante Erfahrung, mich selbst zu beobachten: „Wann bin ich im Rahmen meiner Führungsaufgabe eher am Sprechen, Reden, Erklären und Präsentieren? Und wann bin ich der aufmerksame Zuhörer?“ Ich würde sogar sagen, der Hinhörer, der Lauscher – auch in stillen Momenten?

Unternehmenskultur immer wieder aufs Neue justieren

Sehr schön fand ich es auch, bei meiner Recherche zu entdecken, dass die Benediktsregeln kein abgeschlossenes Projekt sind. Ganz im Gegenteil! Der Benediktdinerorden legt Wert darauf, dass der Sinn der Regel stets neu überdacht werden sollte, dass man die Regel im jeweiligen Zeitkontext sehen sollte und dass es um einen ständigen Prozess der geistig-geistlichen Auseinandersetzung gehen sollte. D. h. die Konkretisierung ist nie abgeschlossen – und damit zukunftsoffen!

Das kann man eigentlich allen Führungsleitbildern in Betrieben und Organisationen wünschen.

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