Veränderungen unterhalb des Radars der Amygdala

Zu Neujahr waren die großen Vorsätze wieder Thema. Und wahrscheinlich droht jetzt schon den ersten guten Vorsätzen, noch ehe der Januar vorbei ist, das große Vergessen. Wir machen die Erfahrung, dass es gar nicht so einfach ist, unsere guten Absichten auch in die Tat umzusetzen.

Attraktivität reicht nicht aus, damit gute Vorsätze auch Wirklichkeit werden

Viele Veränderungswünsche sind durchaus attraktiv. Z.B.:
– Wenn ich mehr Sport treibe, fühle ich mich besser.
– Wenn ich schlanker bin, bin ich attraktiver für eine neue Partnerschaft.
– Wenn ich mir das Zusatzwissen erwerbe, schaffe ich die Beförderung…
Wir sind kreativ und schmieden Handlungspläne, wie wir unser attraktives Ziel erreichen möchten. Doch wenn es an das Umsetzen geht, bremst irgendetwas in uns, uns aus. Manche nennen dieses Element den inneren Schweinehund. Wir bekommen dann gut gemeinte Tipps wie: Du musst es Dir nur intensiv genug vornehmen! Du musst Dir das Ergebnis noch intensiver vorstellen. U.v.m.
Klar ist es eine Möglichkeit, das Ziel noch verlockender auszugestalten und vorweg quasi zu erleben. Manchmal funktioniert das auch. Häufig ist aber diese Intensivierung des Ziels genau der falsche Weg. Warum? Unser Nervensystem ist so gebaut, dass bei Veränderungen Alarmsignale für unseren Organismus erzeugt werden, die genau vor dieser Veränderung warnen.

Die Amygdala schlägt bei Veränderungen Alarm

Die Amygdala, ein Teil des Mittelhirns, ist unser „Alarmknopf“. Sie aktiviert angesichts unmittelbarer Gefahr bestimmte Körperteile, um die Bereitschaft für Kampf oder Flucht herzustellen. Damit unser Organismus sich voll dem Kampf-Flucht-Impuls widmen kann, werden „unter anderem manche Funktionen unseres Körpers verlangsamt oder ganz abgeschaltet, zum Beispiel das rationale und kreative Denken“ (S. 50) im Großhirn.
Dieser Kampf-Flucht-Impuls mit seiner Fokussierung ist in vielen Gefahrensituationen hilfreich. Problematisch wird es, wenn die Amygdala diesen Impuls auch ohne Vorliegen einer Gefahrensituationen auslöst. Dies ist z.B. Fall, wenn etwas von der üblichen Routine abweicht. Auch hier wittert die Amygdala Gefahr und löst diesen Kampf-Flucht-Impuls aus.
Und genau dieses Abweichen von der üblichen Routine ist bei unseren Veränderungsvorhaben der Fall. Wir haben uns es ja vorgenommen, die bisherige Routine zu durchbrechen. Zudem ist der Ausgang unseres Veränderungsvorhabens ungewiss. Grund genug also für die Amygdala aktiv zu werden. Sie versetzt unseren Organismus in Alarmzustand, sobald eine Veränderungsaktivität ansteht. Mit der Folge, dass unser Großhirn, wo unser rationales und kreatives Denken beheimatet ist, blockiert wird.

Veränderungen im Tarnkappenmodus für´s Gehirn angehen

Verkürzt kann man diesen Mechanismus auf folgende Formel bringen:
– Großes Ziel -> Angst -> kein Zugang zum Kortex -> Scheitern
– Kleines Ziel -> Angst wird umgangen -> Kortex bleibt aktiv -> Erfolg
Die Lösung lautet: Veränderungen möglichst im Tarnkappenmodus gegenüber der Amygdala anzugehen. D.h. Veränderungen in möglichst kleinen Schritten. Nicht den ganzen Schreibtisch oder Kleiderschrank auf einmal aufzuräumen, sondern zuerst einmal nur mit der Schreibfläche oder einer Schublade zu beginnen. Die Amygdala wird sozusagen auf Zehenspitzen umschlichen und schläft, während das Großhirn weiter aktiv ist und Schritt für Schritt die neue „Software“ der Verhaltensänderung schreibt. Aber halt wirklich Schritt für Schritt. Am zweiten Tag ist in unserem Beispiel dann vielleicht der Posteingangkorb auf dem Schreibtisch oder die zweite Schublade im Kleiderschrank dran. Nach wenigen Tagen werden die ersten Erfolge der Strategie der kleinen Schritte deutlich und die Gefahr des Alarm-Auslösens durch die Amygdala ist gebannt, da ja anstelle befürchteter Gefahren der realisierte Erfolg wahrgenommen wird. Also kein Grund für Gefahrensignale und Auslösen des Kampf-Flucht-Impulses.

Lean in der persönlichen Veränderung

In unserer Beratung zum Thema Lean-Administration machen wir ebenfalls immer wieder die Erfahrung – wie von Kaizen, dem Weg der kleinen Verbesserungen hin zum Guten, vorgeschlagen -, dass die Vielzahl von kleinen Optimierungen viel leichtgängiger zu realisieren sind, als der große innovative Wurf.
Insofern, herzliche Einladung, dieses Vorgehen aus der Lean-Philosophie auch auf die persönlichen Ziele für 2020 zu adaptieren. Ich bin auf Ihre Erfahrungen gespannt!
PS: Die Buchbesprechung „Robert Maurer: Wie ein kleiner Schritt ihr Leben verändert“ folgt 😊.

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