Wenn Höflichkeit reinhaut: Moderation als Kampfkunst von Peter Modler

Gute Anregungen – könnte kompakter sein

Moderation als Kampfkunst? Wenn Höflichkeit reinhaut; dieses Selbstverständnis mag nicht jeder/m Moderator*in auf den ersten Blick gefallen. Doch Moderation als Kampfkunst zu sehen, kann auch ihren Reiz haben. Folgt man dieser These, dann erfordert Moderation Klarheit bezüglich der Ziele, Rahmenbedingungen und dem persönlichen Selbstverständnis; und konsequentes Handeln in der Praxis, das trotzdem nicht unhöflich zu sein braucht.

Klarer Auftrag, klare Moderation

Man merkt diesem Buch die umfangreiche Erfahrung seines Autors an. An zahlreichen Beispielen beschreibt er, wohin es führen kann, wenn der Auftrag an die Moderation weder klar formuliert ist, noch in der Gruppe bzw. Besprechung, für die die Moderation stattfinden soll, nicht eindeutig beauftragt ist. Ohne klare Beauftragung fällt es der/der Moderator*in schwer, die Moderationsposition in einer Besprechung zu installieren, da typischerweise auch Besprechungsteilnehmer vorhanden sind, die eher Nutznießer einer unklaren Moderation sind.

Wenn der Auftrag nicht klar kommuniziert wird, schaffe ich die Klarheit zu Beginn der Moderation

Der Tipp des Moderationsprofis für unklare Beauftragungen ist eindeutig: Unbedingt zu Beginn der Moderation klären! Und wenn dies vonseiten der Auftraggeber/-innen nicht ausreichend geleistet wird, dann mache ich das eben im Rahmen meiner Selbstvorstellung als Moderator/-in. Dazu muss ich nicht unhöflich, sondern einfach bestimmt und transparent sein. Das ist es auch, was der Autor mit seinem provokanten Titel mein. Höflichkeit heißt nicht Zurückhaltung, sondern u.a. auch Klarheit und Transparenz. Und diese Klarheit und Transparenz kann schon einmal „reinhauen“.

Move Talk – Klarheit extrem

Klarheit bedeutet nicht nur Klarheit in der Sprache, sondern auch darüber hinaus. In der Kommunikationspsychologie ist hier von „Move Talk“ die Rede: Wie mache ich durch meine Gesten, mein Gebärden, meiner Positionierung im Raum, meiner Mimik und ähnlichem deutlich, was ich meine? Im Buch wird als ein gelungenes Beispiel Bibiana Steinhaus-Webb beschrieben; sie war die erste deutsche Frau als Schiedsrichterin in der Fußball-Bundesliga und kam auch bei WM- und EM-Turnieren zum Einsatz.

Moderation als Machtmöglichkeit im Dienst an der Gruppe!

Moderation ist natürlich die Ausübung von Macht, doch immer im Dienst an der Gruppe. Die Entscheidung, ob in einer Besprechung der Fokusmodus (schnelle Entscheidungen, schnelles Handeln) gefordert ist oder das Ziel im Kreativmodus erreicht werden kann, gilt es vor der Besprechung zu klären. Aufgabe der Moderation in der Besprechung ist es, den sinnstiftenden Arbeitsmodus machtvoll und höflich umzusetzen – immer im Dienst an der Sache, d.h. dem gemeinsamen Ergebnis der Gruppe.

Improvisationstheater für Moderator*innen

Sehr anregend ist Peter Modlers Transfer seiner Erkenntnisse aus dem Improvisationstheater, z.B. auf Alltagssituationen im ICE. Verstehe ich das laute Telefonieren zwei Reihen weiter, als Anlass mich zu ärgern und innerlich hochzugehen? Oder verstehe ich es, im Sinne des Improvisationstheaters, als Einladung zum Mitspielen? Eine Episode im Buch, die ich mit Genuss mehrmals gelesen habe.

Erfahrungshintergrund oder Langatmigkeit

So genussvoll manche Episoden aus der Erfahrung des Autors zu lesen sind, so sehr ziehen manche Episoden das Buch auch unnötig in die Länge. Man ist dann als Leser*in in der Versuchung „querzulesen“, um dann wieder beim nächsten spannenden inhaltlichen Punkt einzusteigen. Das schmälert leider den Wert des Buches – schade.
Für alle, die mit den auftretenden Längen gut umgehen können, ist das Buch trotzdem eine Leseempfehlung. Wer sich dabei mit der Selbstdarstellung des Autors schwertut, dem empfehle ich eher klassische Einführungswerke in die Moderation.

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